Industrielle Produkttrocknung mit Überdrucktrockner
Ein Großteil der eingesetzten Wärmemenge ist dabei dafür erforderlich, das im feuchten Produkt enthaltene Wasser zu verdampfen. Findet die Trocknung unter atmosphärischen Bedingungen statt und wird die entweichende Feuchte dabei sogar noch mit Luft vermischt (z.B. bei der Trocknung im heißen Luftstrom), so ist es schwierig, die Verdampfungswärme der entweichenden Feuchte zurückzugewinnen bzw. anderweitig wieder nutzbar zu machen. Doch mit einigen geschickten Optimierungen und Ausschöpfen möglicher Effizienzmaßnahmen gibt es vielversprechende Lösungsansätze, die helfen Energiekosten zu sparen und die Umwelt schonen.
Findet die Produkttrocknung in einem (dampfbeheizten) Überdrucktrockner statt, so entweicht die Feuchte bei dem gegebenen Überdruck. Eine Vermischung mit Luft findet hier nicht statt. Damit besteht die Möglichkeit, die in der entweichenden Feuchte enthaltene Verdampfungswärme mittels mechanischer Dampfkompression wieder nutzbar zu machen. Je höher das Druckniveau des Trocknungsvorgangs, desto einfacher und energieeffizienter kann die nachfolgende Dampfkompression stattfinden.
Beispiel Dampfrecycling bei der Zellstofftrocknung
Unser nachfolgendes Projektbeispiel, das wir in Schweden realisiert haben, zeigt, wie in einer Papierfabrik ein neues, energieeffizientes Verfahren zur Zellstofftrocknung mittels einer Kombination von Überdrucktrockner und mechanischem Dampfkompressor realisiert wird.
Der zum Einsatz kommende Überdrucktrockner, mit Zellradschleusen auf der Produktein- und -austrittsseite, wird mit 16 bar(abs) Dampf (Dampftemperatur ca. 200°C) von außen beheizt. In der Wirbelschicht, in der die Trocknung stattfindet, herrschen 3,7 bar(abs). Auf diesem Druckniveau entweicht nun auch die Feuchtigkeit der nassen Papierpulpe als sogenannter Brüdendampf. Ein Großteil der zur Trocknung eingebrachten Wärmemenge findet sich als Verdampfungswärme in dem entstehenden Brüdendampf wieder.
Die Idee ist nun, den 3,7 bar(abs)-Brüdendampf durch mechanische Dampfverdichtung auf 16 bar(abs) zu komprimieren, um ihn so wieder als Heizmedium für den Überdrucktrockner nutzbar zu machen. Die Trocknungsanlage beheizt sich somit quasi selbst. Zum Einsatz kommt ein Dampf-Kolbenkompressor. Mit diesem Kompressortyp sind vergleichsweise hohe Kompressionsdruckverhältnisse und hohe Austrittsdrücke möglich. Zudem verfügt er über sehr gute innere Wirkungsgrade, so dass die Dampfkompression äußerst energieeffizient erfolgen kann.
Da der 3,7 bar(abs)-Brüdendampf mit Partikeln und sonstigen aggressiven Bestandteilen verunreinigt ist, wird er nicht direkt dem Kolbenkompressor zugeführt. Stattdessen wird er als Heizmedium für einen Fallfilmverdampfer genutzt, in dem reines Kondensat zu sauberem Dampf verdampft. Der dabei entstehende Reindampf weist mit ca. 3,3 bar(abs) nur ein geringfügig niedrigeres Druckniveau auf als der verunreinigte Brüdendampf. Dieser saubere Dampf kann nun mit dem Kolbenkompressor wieder auf 16 bar(abs) verdichtet werden.
Bei der Papierfabrik sind zwei 6-Zylinder-Dampfkompressoren im Einsatz, die zusammen 16 t/h Dampf von 3,3 auf 16 bar(abs) komprimieren. Die verdichtete Dampfmenge entspricht einer Wärmeleistung von ca. 11.200 kW(th). Zum Antrieb der Kompressoren kommen Elektromotoren mit einer Leistungsaufnahme von 2 x 1.325 kW(el) zum Einsatz. Der Strombedarf beträgt damit nur ca. 23 Prozent im Vergleich zu der wieder nutzbar gemachten Dampfleistung. Anders ausgedrückt, mit jeder eingesetzten kWh Strom macht man ca. 4,2 kWh Dampfwärme wieder nutzbar.
Es ergibt sich eine erhebliche CO2-Einsparung. Im Vergleich zu einem erdgasbefeuerten Dampfkessel, in dem die 16 t/h Heizdampf sonst erzeugt worden wären, lassen sich bei einer Jahresdampfmenge von 120.000 t/a und unter Zugrundelegung der Emissionen des bundesdeutschen Strommixes (Stand 2019) ca. 7.400 t/a CO2 einsparen1.
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
In dem unten dargestellten Beispiel haben wir errechnet, dass sich für einen Anlagenbetreiber mit typischen Energiepreise in Deutschland eine jährliche Einsparung von ca. 1.028.000 Euro ergeben würde. Die Anlage würde sich nach 4,4 Jahren (ohne Förderung3) amortisieren.
Kenndaten für Dampfkompression von 3,3 auf 16 bara, 16 t/h Dampfdurchsatz | ||
elektrische Leistungsaufnahme bei 16 t/h Dampfdurchsatz | 2,65 | MW |
thermische Leistung recycelte Dampfmenge von 16 t/h | 11,20 | MW |
angenommene Vollbenutzungsstunden | 7.500 | h/Jahr |
Investitionskosten | ||
Dampfkompressor mit Zubehör: | 2.500.000 | Euro |
Peripherie (Fallfilmverdampfer, Gebäude, Rohrleitungsbau etc.): | 2.000.000 | Euro |
Betriebskosten Dampfkompressoren | 1.710.000 | Euro/Jahr |
Wartungskosten: | 120.000 | Euro/Jahr |
Energiekosten (Strom): | 1.590.000 | Euro/Jahr |
Betriebskosteneinsparungen Gaskessel | 2.737.800 | Euro/Jahr |
Energiekosteneinsparung (Erdgas):* | 2.520.000 | Euro/Jahr |
Einsparung CO2-Abgabe2: | 217.800 | Euro/Jahr |
Summe jährliche Einsparungen | 1.027.800 | Euro/Jahr |
Summe jährliche CO2-Einsparungen | 7.400 | Tonnen/Jahr |
Amortisationszeit | 4,4 | Jahre |
Basis: Kosten: Erdgas: 30 Euro/MWh; Strom: 80 Euro/MWh; CO2: 30 Euro/t CO2-Emissionen: Erdgas: 0,2 t/MWh; Strom: 0,48 t/MWh *für alternative HD-Dampferzeugung mit erdgasgefeuertem Dampfkessel |
Unsere Experten haben auch für Ihre Anwendung geeignete Lösungsvorschläge. Hier können Sie Kontakt mit uns aufnehmen.
1 CO2-Einsparung
(11.200 kW x 0,202 kg CO2/kWh x 7.500 h/a) - (0,48 kg CO2/kWh x 2.650 kW x 7500h/a) = ~ 7.400 t CO2/a
2 CO2-Steuer
die Berechnung erfolgte unter Berücksichtigung einer künftigen CO2-Steuer. Hier sind in Deutschland Steuern von 25 Euro je Tonne ab 2021, ansteigend auf 55 Euro je Tonne bis 2025 geplant. Die angenommenen 30 Euro je Tonne CO2 sind also eher niedrig angesetzt.
3 BMWi-Förderprogramm für Energieeffizienz
Mit dem Förderprogramm „Deutschland machts effizient" des BMWi werden u.a. Projekte zur Abwärmenutzung mit einem Investitionskostenzuschuss von bis zu 30 Prozent (für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sogar bis 40 Prozent) gefördert. Die Obergrenze liegt derzeit bei 500 Euro max. Fördersumme je eingesparter Jahrestonne CO2 (bzw. bei 700 Euro/t für KMU). Damit ließe sich die Amortisationszeit noch deutlich vermindern.